Donnerstag, Juli 24, 2008

soziale interaktion im 21. jahrhundert

wir haben einen neuen kühlschrank. seit gestern. er ist nicht ganz neu, eigentlich hat ihn jemand anders gekauft, aber durch die sehr unglücklichen umstände eines anderen menschen haben wir jetzt einen halbjährigen kühlschrank, der nur einen monat tatsächlich genutzt wurde. unser alter kühlschrank lief und läuft noch. er hat ein paar jahre auf dem rücken, tut aber noch einwandfrei und war damit kein fall für den bsr-hof. also schrie die soziale ader in mir: da gibt es bestimmt jemanden, der einen älteren, aber noch funktionierenden kühlschrank supergut brauchen, sich aber selbst keinen leisten kann und sicher dankbar ist!

ich googelte eine gemeinnützige organisation, die vor zig jahren schon mal den vorgänger abgeholt haben (zwei seeeehr nette ältere herren damals), der link tat aber nicht. dann stiess ich auf ein projekt bei betterplace in berlin, das sich um junge mütter und ihre babies in notsituationen kümmert und genau so ein gerät brauchen kann. ich schrieb eine nachricht, dass das gerät kostenlos, voll funktionsfähig zur verfügung stände, aber eben kurzfristig abgeholt werden müsse. das war vor gut zwei tagen: keine reaktion bisher (nachtrag: grad eben kam eine nachricht, jzz is aber zu spät, leider.)
also sprach ich vorgestern den nachbarn unter mir an, der von sehr knappen mitteln lebt aber immer sehr nett sämtliche pakete annimmt (und mir, seit er offensichtlich nicht mehr so viel trinkt, auch viel sympathischer ist). der meinte, er hätte einen (kühlschrank), aber sein freund würde gleich vorbeikommen und er würde ihn fragen. während ich noch oben ein schwätzchen mit der nachbarin hielt und Yoki deren wohnung unsicher machte, erschien der besagte freund. die begrüssung der beiden möchte ich nicht wiedergeben, denn die benutzten worte sind in meinem wortschatz nicht enthalten. der freund machte sich nicht mal die mühe, den halben treppenabsatz nach oben zu steigen sondern fragte nur: "wat solln der kosten, ey!", worauf ich antwortete, der wäre kostenlos, müsste nur eben abgeholt werden. er: "muss ick mir erstma anqkn", ich, diese person (sorry) nicht in meiner zu diesem zeitpunkt noch dazu recht chaotischen wohnung haben wollend: "tut mir leid, anqkn geht grad nicht, entweder kostenlos nehmen oder nicht" und vereinbarte, dass das gerät voraussichtlich abends gesäubert und abgetaut im hausflur stehen würde.
gestern nun hat sich alles ein wenig verschoben, das gerät stand erst recht spät im hausflur und taute so vor sich hin. heute morgen, punkt 9 uhr, klingelte es und ein nuschelnder herr verkünderte mir, er müsse ins haus, wolle den kühlschrank abholen. ich "ooh, der steht draussen, taut aber noch", er, nölend "ick hab mir extra n auto besorgt!", ich "na, kommen sie erstmal hoch, wir schaun uns das mal zusammen an". also poltert er mit einem helfer die treppe hoch, kein guten morgen, nur weiteres gemaunze, man beschliesst den noch vor sich hintauenden kühlschrank mitzunehmen und legt los.

soo. soviel vorgeschichte.

die herren schleppten das gerät unter lautem fluchen und gepolter offenbar recht unfähig die treppe herunter (nicht, dass ich so ein gerät aus dem dritten stock tragen wollte, aber...), es hörte sich auch so an, als wäre er (der kühlschrank) einen teil eher gerutscht und geflogen als getragen worden. whatever. glaubt nu aber mal nicht, dass es ein popeliges "danke" oder ein "auf wiedersehen, schönen tag noch" oder irgendwas gegeben hätte! ich will ja nicht kleinlich sein, aber wenn mir jemand, den ich nichtmal kenne, einen kühlschrank schenkt, dann sollte doch wenigstens ein mindestmass an höflichen umgangsformen und ein "danke" drin sein, oder? bin ich zu kleinlich?

nun ja, ich bin nur ein wenig verärgert, eher mal wieder erschreckt (auch über mich selber, dass es mich immernoch so überrascht) und eben verwundert. und: auch ich bin zwar relativ lernresistent, aber muss es doch irgendwann hoffentlich doch mal peilen (die hoffnung stirbt zuletzt!), dass meine erwartung an höfliches und respektvolles miteinander nicht zwingend die meines gegenübers sein muss. in unseren zeiten ist höflichkeit und freundlichkeit offenbar ein eingeständnis persönlicher schwäche und wird dementsprechend vermieden.

schönen tag euch!

4 Kommentare:

Michaela hat gesagt…

Den Ärger kann ich aber bestens nachvollziehen! Ich glaube, ich hätte unter den Umständen den Kühlschrank erst garnicht mehr rausgerückt.
Aber ich habe auch schon in der einen oder anderen Situation gedacht, dass mich meine Mutti scheinbar viel zu gut erzogen hat... Tsss...

Liebe Grüße,
Michaela

Anonym hat gesagt…

Seufz. Wahrscheinlich, liebe Cecie, sie werdens nicht mal lesen, Deinen Ärger. Und wenn - wäre es denen wohl egal. Beim nächsten Mal findest Du viell. hier jemand, der Hilfe braucht:

http://www.weihnachtsseite.de/wunschzettel_der_frauenhaeuser.html

LG von Katrin

Anonym hat gesagt…

Ich kann den beiden Kommentare vor mir nur zustimmen. Manchen ist jegliche Erziehung davon gelaufen , oder wie auch immer (vielleicht mit der Gabel gefuttert ) und auf der anderen Seite, "darfst" Du evtl. noch Froh sein, nichts zur Entsorgung eines Kühlschranks zu bezahlen ..... Das hat man/frau davon, wenn man/frau Hilfsbereit und Sozial engagiert ist
auch ´n schönen Tag bremate

Anonym hat gesagt…

Alleine schon an der Länge Deines Textes kann ich mir denken, wie groß Dein Ärger gewesen sein muss!
Spontan fiel mir ein - Undank ist der Welt Lohn.

Für mich wäre es typisch gewesen, den Kühlschrank lieber doch selbst zu entsorgen, statt ihn zu verschenken....

Liebe Grüße, Juli